Immer weniger Bürgerinnen und Bürger können sich einen angemessenen Wohnraum leisten, egal ob im Mietverhältnis oder im Eigenheim. Neben den Baukosten sind vor allem die Preise für den Grundstückserwerb in den letzten Jahren enorm gestiegen.
Die Stadtverwaltung sucht daher neue Modelle im Umgang mit Bauland. Hierfür hat sie einen interfraktionellen Arbeitskreis zur Baulandpolitik der Stadt Ingolstadt ins Leben gerufen.
Die Grüne Stadtratsfraktion hat zu diesem Thema kürzlich das Modell der Sozialgerechten Bodennutzung vorgeschlagen. Die SoBoN stellt eine echte Alternative dar und wird von immer mehr Städten erfolgreich umgesetzt. Sie vereint ökonomische Festlegungen wie die Verpflichtung der Grundstückseigner, sich an den Kosten für Erschließung und Infrastruktur zu beteiligen, mit sozialen Zielen wie der vermehrten Schaffung von gefördertem Wohnraum. Mit der SoBoN kann die Stadt sowohl Planungsgewinne dem Gemeinwohl zuführen als auch den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen gerecht werden.
Hier der Antrag im Wortlaut:
Ingolstadt, 27. Oktober 2020
Sozialgerechte Bodennutzung bei der Baulandschaffung
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Stadtratsfraktion der Grünen stellt zur Erschließung und Bebauung von Bauland folgenden Prüfantrag:
- Die Verwaltung prüft den städtegestalterischen und monetären Nutzen der sozialgerechten Bodennutzung (SoBon) für die Stadt Ingolstadt.
- Zur Prüfung könnte ein existierendes Modell der SoBon einer Kommune (Münchener Modell, Regensburger Baulandmodell, Richtlinie SoBon Landsberg, SoBon Erding) ausgewählt, nachträglich auf alle Baulandschaffungen und Bauleitplanungen der letzten fünf Jahre angewendet und der mögliche Mehrwert durch die SoBon benannt und beziffert.
- Die Ergebnisse sollen dann in die Diskussion über ein neues Ingolstädter Baulandmodell eingehen.
Begründung:
Das Ingolstädter 50 %-Baulandmodell wird den Anforderungen zum Gemeinwohl in der Bayerischen Verfassung nicht gerecht und schöpft auch nicht die Planwertgewinne der Eigentümer im notwendigen und möglichen Maße ab. Sozialgeförderte Wohnungen, bezahlbarer Wohnraum auf dem freien Markt und nachhaltige und dem Gemeinwohl verpflichtete Stadtentwicklung können aber mehr Wertigkeit gewinnen.
Die sozialgerechte Bodennutzung schafft Spielregeln bei der Schaffung und Bebauung von neuem Bauland. Sie legt ein klares Verfahren zur Baulandschaffung fest, beschreibt genau, welche Gemeinschaftsaufgaben durch die Planwertgewinne mitfinanziert werden (Erschließungskosten, Kosten der Infrastruktur usw.), und beziffert auch, welche Gewinnanteile für den Eigentümer verbleiben.
Andere Städte in Bayern haben Modelle zur Sozialgerechten Bodennutzung (SoBon) schon länger entwickelt und wenden diese nachweislich erfolgreich an (München, Erding, Landsberg) oder haben diese neu beschlossen (Regensburger Baulandmodell).
Der Stadtrat in Regensburg hat das SoBon-Modell im Jahr 2019 beschlossen, weil eine modellhafte rückwirkende Berechnung und Darstellung der Kriterien überzeugend waren. Nach dem Regensburger Baulandmodell
- können bis zu 40 % der Wohnungen als geförderte Wohnungen auf Baugrundstücken errichtet werden,
- besteht eine klare Beschreibung der Pflichten (z.B. Flächenabtretungen, soziale Infrastruktur, Bauverpflichtung), die die Planungsbegünstigten zu leisten haben,
- verpflichten sich schon vor dem Beginn des Bauleitverfahrens alle Beteiligten in einer Planungsvereinbarung, neues Bauland nach den vorgegebenen Richtlinien zu schaffen.
Daher soll überprüft werden, ob ein SoBon-Modell auch auf Ingolstadt angepasst und für unsere Kommune eingeführt werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Semle, Barbara Leininger (Fraktionsvorsitzende), Christian Höbusch (Fraktionsvorsitzender), Agnes Krumwiede, Stephanie Kürten, Maria Segerer, Dr. Christoph Spaeth
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