Es wird wohl weiterhin Stadtratsfraktionen geben, die bewusst den zweiten Grünring nutzen und bebauen wollen, und solche, die diese Flächen schützen und bei Interessenskonflikten zwischen Ökologie und Nutzung nach Alternativen suchen wollen. Voraussetzung sowohl für den Schutz wie auch für einen Kompromiss ist jedoch eine klare und vollständige Information des Stadtrates durch die Verwaltung.
In zwei aktuellen Fällen – Bau einer Mittelschule im zweiten Grünring und Bau eines Trainingsplatzes im Landschaftsschutzgebiet – hat die Verwaltung jedoch unvollständige Informationen und mangelhafte Beschlussvorlagen geliefert. Und tatsächlich haben die Mitglieder des Stadtrates die ökologische Qualität quer durch die Fraktionen auch nicht erkannt, sie wurden erst durch Berichte in der Presse und Infos aus dem Bezirksausschuss aufmerksam – so die Selbstkritik.
Doch warum wurden derart mangelhafte Verwaltungsvorlagen erstellt und wie kann hier in Zukunft besser gearbeitet werden? Dazu soll der Oberbürgermeister als Spitze der Verwaltung in der Stadtratssitzung am 11. April 2019 Stellung nehmen.
Gerade in der Bürgerschaft hat der Schutz der Grünringe einen hohen Stellenwert und die Erwartungen an die Stadt – Stadtverwaltung und Stadtrat – sind entsprechend hoch. Nutzungskonflikte mit Grünringen oder dem Landschaftsschutz müssen kommuniziert werden, um Alternativen oder Kompromisse zu finden.
In einem zweiten Antrag fordern die GRÜNEN die Weiterentwicklung des Flächennutzungsplans. Die Stadt wächst immer weiter, aber seit Jahren werden nur Änderungen beschlossen – ohne Anpassung der Gesamtplanung an neue Anforderungen wie die Verkehrswende oder Klimaziele. Für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen gilt: weg von der Salamitaktik hin zu einer ganzheitlich gedachten Stadtentwicklung.
Hier die Anträge im Wortlaut:
Ingolstadt, 3. April 2019
Stellungnahme der Verwaltung – Antrag zur Tagesordnung der Stadtratssitzung am 11. April 2019
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
es hat sich in den letzten Monaten wiederholt gezeigt, dass dem Stadtrat Beschlussvorlagen zu Grundstückskäufen vorgelegt werden, die weder die stadtplanerische noch die ökologische Bedeutung der Flächen dargestellt hatten. So wurden Flächen verkauft bzw. überplant, die im Schutzgebiet oder im zweiten Grünring liegen, Beispiele Landschaftsschutzgebiet Wankelstraße oder Fläche „Am Augraben“. Die ökologische Bedeutung der Flächen wurde der Öffentlichkeit entweder ungeplant, über Presseinformation, bekannt oder durch die Bürgerbeteiligung im Bezirksausschuss, also nicht durch aktives Verwaltungshandeln. Das entspricht nicht den berechtigten Erwartungen an eine gute Stadtverwaltung.
Die Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt haben längst die Bedeutung der Naturräume in den Grünringen und Schutzgebieten erkannt und reagieren sehr sensibel, wenn diese reduziert oder bebaut werden sollen. Sie erwarten von uns, dem Stadtrat und der Verwaltung als Kollegialorgan, dass wir die natürlichen Lebensgrundlagen schützen und Nutzungen optimal mit den ökologischen Belangen abstimmen. Sie erwarten, gerade wenn Kompromisse gefunden werden müssen, eine echte Abwägung bei vollständiger Information über alle Interessenslagen und Interessenskonflikte!
Es ist die Aufgabe der Stadtverwaltung, dem Stadtrat für diese Abwägungen und Beschlüsse vollständige Vorlagen vorzulegen, die vor allem die sensiblen und ggf. problematischen Informationen beinhalten. Es ist Aufgabe der Verwaltung, Grundstückskäufe vorab stadtplanerisch abzustimmen, und zwar vor dem Kauf oder Tausch. Gerade für Flächen im zweiten Grünring, die schutzwürdig sind, aber noch keinen Schutzstatus haben, ist Wahrheit und Klarheit der Verwaltungsvorlagen unabdingbar. Die Folge von mangelhaften Beschlussvorlagen ist nicht nur der Verlust von schutzwürdigen Flächen, vor allen die geplanten Maßnahmen selbst werden durch solches Vorgehen gefährdet und unsicher. Das ist im Fall notwendiger Schulbauten besonders schwerwiegend.
Da nun wiederholt gerade umweltrelevante Informationen nicht in den Beschlussvorlagen aufgeführt waren, muss die Stadtverwaltung dies – erstens – zunächst begründen und aus ihrer Sicht erläutern. Es müssen – zweitens – Vorschläge gemacht werden, wie solche Mängel künftig vermieden werden können. Dies bitten wir dringlich, weil aus aktuellem Anlass, in die Stadtratssitzung am 11. April aufzunehmen.
- Wir beantragen zur Tagesordnung der Stadtratssitzung am 11. April 2019, ggf. direkt zum TOP V0180/19, eine ausführliche Stellungnahme der Verwaltung zu dem oben geschilderten Sachverhalt betreffend das Grundstück für die Mittelschule „Am Augraben“ und dazu, warum in der Beschlussvorlage zum Grundstückskauf wesentliche Grundstücksmerkmale nicht enthalten waren.
Wir bitten die Verwaltung darzustellen, wie künftig sichergestellt wird, dass alle wesentlichen Informationen, insbesondere zur ökologischen und stadtplanerischen Bedeutung von Flächen, in den Verwaltungsvorlagen enthalten sind, bevor diese gekauft, verkauft oder überplant werden. - Wesentliche stadtplanerischen Grundlagen wie der Flächennutzungsplan mit den Veränderungen seit 1996, dem integrierten Landschaftsplan mit Landschaftsschutzgebieten, Biotopkartierungen u.a., sollen als flächengenaue Pläne aktuell, digital und online zugänglich sein. Die Verwaltung wird angewiesen, dies umgehend umzusetzen.
Zur redaktionellen Fortschreibung und zur Gesamtfortschreibung des Flächennutzungsplans verweisen wir zudem auf einen eigenen Antrag.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Kleine (Fraktionsvorsitzende), Barbara Leininger, Christian Höbusch, Dr. Christoph Lauer
Ingolstadt, 3. April 2019
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
wir stellen folgenden Antrag:
Der Flächennutzungsplan der Stadt Ingolstadt wird
- insgesamt fortgeschrieben. Die Entwicklungsziele werden festgelegt mit der Maßgabe einer erfolgreichen Umsetzung des Beschlusses „Ingolstadt klimaneutral 2050“ sowie der Nachhaltigkeitsziele 2030.
- redaktionell fortgeschrieben und umgehend als flächengenauer, aktueller Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan digital und online zur Verfügung gestellt.
- Zur Gesamtfortschreibung des FNP wird ein frühzeitiges und freiwilliges Bürgerbeteiligungsverfahren festgelegt, mit der Maßgabe, dass es ausdrücklich aktivierend und motivierend ausgerichtet ist und die Bürger*innen entweder repräsentativ oder nach Zufallsprinzip beteiligt werden. Die Verwaltung macht dazu Vorschläge.
Die Gemeinden sind Träger der Planungshoheit und für diese verantwortlich. Aufgabe ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten und mit Blick auf beschlossene Ziele der Stadtentwicklung umzusetzen. Dazu dient u.a. der Flächennutzungsplan als vorbereitender Bauleitplan für das gesamte Stadtgebiet. Hier werden die vorhandenen und geplanten Nutzungen, die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergeben, nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Kommune dargestellt und es werden sozialräumliche, ökologische, klimatische und naturschutzfachliche Anforderungen berücksichtigt. Die Fortschreibung des Flächennutzungsplans wurde jüngst erwogen und mit Hinweis auf mögliche Wirkungen bei der Entwicklung steigender Grundstückspreise verworfen.
Gegenüber den einzelnen Bürger*innen entfaltet der Flächennutzungsplan keine unmittelbare Rechtswirkung, das heißt auch kein Baurecht. Er bringt aber die Selbstbindung und die Zielsetzungen der Stadt zum Ausdruck. Dazu gehören die bereits beschlossenen Wohnraum- und Verkehrsentwicklungsplanungen als auch die Anpassung dieser Programme an beschlossene Klimaziele zum Jahr 2030 sowie der Beschluss „Ingolstadt klimaneutral 2050“. Die Darstellung der Stadtplanung auch als Flächennutzungsplan ist in Ingolstadt gerade wegen des enormen Bau- und Wachstumsdrucks wegen der begrenzten Ressourcen und steigenden ökologischen Anforderungen ein unerlässliches Instrument um die Stadtentwicklung gezielt, systematisch und ganzheitlich voranzudenken. Die FNP-Änderungen in stückweisen Parallelverfahren verlieren die strategische Ausrichtung und ein gesamtheitliches Denken bei der Stadtentwicklung. Es soll zudem eine ausdrücklich aktivierende und motivierende Bürgerbeteiligung vorsehen, in die repräsentativ oder nach Zufallsprinzip auch Bürger*innen einbezogen werden, die sich bisher nicht an der Diskussion um die Stadtentwicklung beteiligen. Dazu möge die Verwaltung Vorschläge machen.
Unerlässlich ist eine umgehende redaktionelle Fortschreibung des FNP mit dem integrierten Landschaftsplan. Anlass sind die zahlreichen planerischen Änderungen und wirksam gewordenen Flächennutzungsplanänderungen. Zudem haben sich im Bestand Veränderungen ergeben, deren Berücksichtigung im FNP für erforderlich gehalten wird.
Unerlässlich ist zudem, dass die Pläne zur Flächennutzung, der integrierte Landschaftsplan u.a. bereits jetzt auch als Pläne digital und online zur Verfügung stehen.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Kleine (Fraktionsvorsitzende), Barbara Leininger, Christian Höbusch, Dr. Christoph Lauer
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