Grüne Fraktion sieht Möglichkeiten für temporäre soziale Wohnnutzung gegeben
Nach dem Weggang der letzten Kapuzinermönche 2023 steht das ehemalige Franziskanerkloster an der Harderstraße zum Verkauf. Auch wenn es zunächst verschiedene Interessenten gab, hat sich dennoch bisher noch kein neuer Besitzer gefunden.
Auch die Stadt Ingolstadt hatte schon überlegt, das leer stehende Gebäude käuflich zu erwerben, um darin Büros unterzubringen. Dafür ist das ehemalige Franziskanerkloster jedoch weniger gut geeignet, und auch die notwendigen Sparmaßnahmen haben die Stadt veranlasst, von einem Kauf abzusehen.
Von der Struktur und vom Raumprogramm her bietet sich jedoch eine Nutzung für Wohnzwecke an. Gerade temporäres soziales Wohnen wäre dort gut unterzubringen, wofür in Ingolstadt ein Bedarf an Immobilien besteht. Aus diesem Grund hat die Grüne Stadtratsfraktion nun beantragt, den Kauf des Gebäudes in Hinblick auf vorübergehendes soziales Wohnen noch einmal in Augenschein zu nehmen.
Hier der Wortlaut des Antrags:
Ingolstadt, 2. Juli 2024
Erwerb des Gebäudes ehemaliges Franziskanerkloster
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
nach dem Weggang des Kapuzinerordens steht das Klostergebäude seit nunmehr über einem Jahr leer. Interesse am Erwerb dieser zentral gelegenen innerstädtischen Immobilie, die sich im Eigentum der Diözese Eichstätt befindet, gab es zunächst von mehreren Seiten. Unter anderen hatte auch die Stadt einen möglichen Kauf mit dem Fokus auf Büronutzung untersucht, dann aber von weiteren Verhandlungen Abstand genommen. Unter dem Eindruck der Haushaltskonsolidierung und auch, weil sich die Räumlichkeiten nicht ideal für eine Büronutzung erwiesen, und schließlich auch, weil die Stadt über eigene freiwerdende Raumpotenziale verfügt, wurde zunächst von einem Kauf abgesehen.
Nun steht das Franziskanerkloster noch immer zum Verkauf, und ein Erwerb durch die Stadt sollte noch einmal geprüft werden, wobei die bereits vorhandene räumliche Struktur des Klosters als Wohngebäude – das es ja ist – zu betrachten und der Fokus von einer möglichen Nutzung für Büroflächen hin zu den Möglichkeiten für Wohnen zu richten ist: Es befinden sich recht zahlreiche, gut ausgestattete und gepflegte Einzelzimmer und ebenfalls schöne Appartements im Klostergebäude, die bezogen werden könnten, ohne dass wesentliche Um- oder Einbauten nötig wären. Alle Böden, Installationen und Sanitäranlagen, auch der Aufzug befinden sich in gutem und bezugsfertigem Zustand. Das zum Kloster gehörige Refektorium samt professionell ausgestatteter Küche könnte ebenfalls sofort die Funktion als Essens-, Gemeinschafts- und Veranstaltungsort wieder aufnehmen.
Das ehemalige Kloster ist ein multifunktionales Gebäude, das temporäres Wohnen als eine naheliegende Nachnutzung anbietet, besonders für verschiedene Personengruppen, die mit Unterstützung der Stadt für eine begrenzte Zeit eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt bekommen.
Wir stellen daher den folgenden
Antrag:
- Die Stadt tritt in Verhandlungen mit der Diözese Eichstätt ein zum Kauf des ehemaligen Franziskanerklosters.
- Die Verwaltung stellt den Bedarf und die Kosten für temporäre Möglichkeiten für soziales Wohnen dar, besonders auch für Frauen, die aus den verschiedensten sozialen Notlagen heraus kurzfristig ein Dach über dem Kopf brauchen.
- Die Kosten für die momentan über die Stadt verteilten angemieteten Unterkunftsmöglichkeiten sind darzustellen und denen einer stadteigenen Immobile gegenüberzustellen.
- Für das Refektorium ist mit einem geeigneten Betreiber ein innovatives und kreatives Konzept für ein soziales Miteinander zu entwickeln, wie z.B. ein einladendes Restaurant, das im Sinne der Nachhaltigkeitsagenda der Stadt eine kostengünstige Mittagstafel für die Bewohner*innen und darüber hinaus für alle Ingolstädter*innen anbieten könnte.
Begründung:
Mit dem Erwerb und der entsprechenden Verwendung des Franziskanerklosters könnte temporäres Wohnen für verschiedene Zwecke und Personenkreise angeboten werden. Der Bedarf nach zusätzlichen Wohnmöglichkeiten besteht in unserer Stadt. Besonders das Sozialamt ist auf der ständigen Suche nach Notwohnungen auf dem ohnehin sehr angespannten Markt für kostengünstige Wohnungen.
Gerade auch Frauen und junge Volljährige, die nicht mehr in der Einrichtung Am Franziskanerwasser untergebracht werden, sondern in dezentralen Wohngemeinschaften, könnten in dem Gebäude für eine Zeit den nötigen Schutz und Ruhe finden. Wir wissen, dass akute oder drohende Wohnungslosigkeit von Frauen relativ unsichtbar in unserer Gesellschaft ist. Zu dieser Gruppe kommt die Anzahl von Frauen, die durch familiäre und/oder finanzielle Notlagen von Wohnungslosigkeit bedroht sind. In Ingolstadt geht man von einer Größenordnung von bis zu 300 Frauen aus.
Das heutige Umfeld des Klosters, Die Tafel, der SkF mit dem Café NeuHaus, das Soziale Rathaus, und nicht zuletzt die jahrhundertealte Tradition der Franziskaner als Anlaufstelle für Bedürftige in der Stadt könnten das Klostergebäude zur lebendigen Sozialen Mitte der Stadt machen.
Im Restaurant „Refektorium“ könnten an den Markttagen übrig gebliebene Lebensmittel verarbeitet, regionale und saisonale Speisen günstig angeboten werden. Eventuell könnte der Klostergarten, der sich im Besitz des Freistaates befindet, wieder gepflegt und zur Versorgung mit Obst und Gemüse einbezogen werden.
Die Zimmer und Apartments in zentraler Lage eignen sich aber auch für neue Fach- und Arbeitskräfte, die über das künftige Welcome Center neu in die Stadt kommen und denen kurze Wege zu Behörden und Beratungsstellen das Ankommen erleichtern.
Trotz verschiedener individueller Umstände ist den genannten Personengruppen gemeinsam, dass mit einer temporären Wohnmöglichkeit als Basis der nötige Raum für Orientierung und Unterstützung geschaffen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Leininger (Fraktionsvorsitzende)
Christian Höbusch (Fraktionsvorsitzender), Agnes Krumwiede, Stephanie Kürten, Maria Segerer, Jochen Semle, Dr. Christoph Spaeth
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