Der Oberbürgermeister wollte den Klimanotstand gestern nicht beschließen lassen, so wie es ein Stadtratsantrag der GRÜNEN und der ödp gefordert hatte. Notstand war ihm und auch anderen Mitgliedern der CSU „zu negativ“. Das Stadtoberhaupt schlug stattdessen den Beschluss einer KLIMASCHUTZOFFENSIVE vor. Und diese blieb dann nicht nur symbolisch, sondern es wurden gleich erste Maßnahmen beschlossen und mit Personal hinterlegt – so wie es die Grüne Fraktion in der Diskussion gefordert hatte.
Der Stadtrat hat damit die Dringlichkeit zu mehr Klimaschutz erkannt, das ist ein gutes Signal. Noch in dieser Stadtratsperiode soll es ein Modell geben, das die Klimafolgen von Beschlüssen abschätzt. Damit sollen Projekte in ihrer Auswirkung auf die CO2-Bilanz bewertet werden: eine Forderung, die die Grüne Fraktion bereits im Sommer eingebracht hatte und die nun Zustimmung fand.
Ein Erfolg der Sitzung war auch, dass endlich mit einer Vollzeitstelle ein Klimamanagement eingestellt werden soll. Der/Die „Klimaschutzmanager*in“ soll nun zunächst Fördermittel für Klimaschutzmaßnahmen akquirieren und einem Klimaschutzplan auf den Weg bringen. Mit mehr Personal durch Umorganisation soll auch das Energiemanagement verstärkt werden, der Stadtrat folgte damit zumindest teilweise dem Grünen Antrag.
Die Beschlüsse zeigen, dass in der Stadtratsmehrheit und beim OB die Botschaft aus meiner grünen Haushaltsrede angekommen ist: Wir müssen deutlich mehr als bisher für den Klimaschutz tun. Wir, hier und jetzt.
Hier die Haushaltsrede vom 5. Dezember 2019 zum Nachlesen:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr Damen und Herren der Stadtverwaltung und des Stadtrates,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger hier im Sitzungssaal,
es ist ZEIT FÜR VERÄNDERUNG.
Darum eine Statusmeldung gleich zu Beginn der grünen Haushaltsrede.
Stand auf der CO2- Klima-Uhr ist jetzt:
8 Jahre 25 Tage 22 Stunden 52 Minuten.
Die Uhr, die tickt, ist nicht die Schuldenuhr der Stadt, da steht Ingolstadt gut da ist, ist handlungsfähig. Es ist die Klima-Uhr, die tickt. Sie zeigt uns, wieviel verbleibendes CO2-Budget wir noch haben, wenn wir das 1,5-Grad-Klimaziel erreichen wollen. Sie mahnt uns, an die „Kipp-Punkte“. Ist das Sichtbare an sich schon etwas erschreckend, so liegt das Ende dieser Modell-Zeitrechnung sogar noch in unserem eigenen Leben, erst recht im Leben unserer Kinder und deren Kinder.
Was für ein bitteres Resümee dieser Stadtrats-Generation!
Wenn Sie, Herr Oberbürgermeister, in ihrer Haushaltsrede gerade gesagt haben, jede Generation finde ihr eigenes Thema, so muss ich leider sagen: WIR haben der Jugend ihr Thema durch unser Nicht-Handeln bereits aufs Auge gedrückt: Sie müssen sich mit den FOLGEN der Klimaveränderung befassen und müssen schon im Schulalter damit anfangen, wie uns Friday-for-Future regelmäßig erinnert.
Sie, Herr OB, sagen in ihrer Haushaltsrede gerade, es gebe eine Zukunft für Alle. Ich sage, wir, diese unsere Generation lebt schon auf Kosten der Zukunft. Wir reden also heute beide über ZUKUNFT, doch wir sehen unsere Verantwortung und die Folgen unserer Generation dabei sehr unterschiedlich.
Sie sagen in Ihrer Rede gerade, Herr OB, Sie haben Lust auf Lösungen. Das ist gut so. Denn jetzt ist ZEIT ZUM HANDELN. Ich will Ihnen und vor allem uns heute sogar LUST AUF VERÄNDERUNG machen. Wir müssen die Grenze des Machen-machen-machen überwinden, denn nicht nur das Machbare, sondern das Mögliche müssen wir finden.
Wir werden in jedem neuen überhitzten Sommer erinnert werden, dass wir verantwortlich sind für den Klimawandel, und dafür, endlich etwas zu verändern.
GUTES KLIMA FÜR INGOLSTADT!
Weil es uns heute um das gute Klima für Ingolstadt geht, fange ich mit dem grünen Dank an die Stadtverwaltung an. Für die Zusammenarbeit und auch für die Beratung im Umfeld unserer Stadtratsanträge. Vielen herzlichen Dank an Sie alle! Und, nicht nur nebenbei an dieser Stelle, gut, dass die Stadt endlich richtig auf die rechtslastige ZFI reagiert hat. Das war wichtig. „Nie wieder!“
Aus gegebenem Anlass an den OB adressiert: Nein, Stadtratsanträge sind nicht böse. Sie gehören zum demokratischen Kerngeschäft und zu den wesentlichen Rechten und Pflichten des Stadtrats und seiner Mitglieder. Wir werden dies nicht einschränken. Sie müssen es besser managen.
DIE GRÜNE NULL FEHLT IM HAUSHALT DER STADT!
Der Ingolstädter Haushalt steht für die Kernaussage einer SCHWARZEN NULL, keine neuen Schulden. Doch es spielt auch der „Je länger wir warten, desto schwieriger und teurer wird es“-Effekt eine Rolle. Dieser meint ausnahmsweise nicht die sich stauenden Schulsanierungen oder die sich seit einem Jahrdutzend wie ein ganz alter Hund dahinschleppende Theatersanierung – Kammerspiele jetzt! Mehr sog i ned!
Je länger wir warten, desto teurer wird es … kommt aus der aktuellen Klimakonferenz Madrid. Diese gibt das Motto aus: „Zeit zu handeln“ und mahnt deutliche Investitionen in den Klimaschutz und eine GRÜNE NULL in den CO2-Bilanzen an, die jedem Haushalt mit zugrunde liegen müsste. Auch im Ingolstädter Haushalt mit der SCHWARZEN NULL fehlen uns Investitionen in diese GRÜNE NULL – es fehlt ein Ziel, es fehlt der Plan und im Haushalt fehlt das Geld, um CO2-neutral zu bauen, zu fahren, zu wohnen, zu landwirtschaften oder zu konsumieren. Nur mit dieser GRÜNEN NULL würden wir weniger Zukunftslasten im ökologischen Bereich hinterlassen. Nur das wäre zeitgemäß, sozial- und jugendgerecht. JUGENDPARLAMENT JETZT! Das wäre übrigens eine weitere richtige Antwort auf diese Zukunftshypothek, die wir der Jugend auf den Weg geben. Ein Jugendparlament, aktive Demokratie – das ist auch gut gegen Rechts! Da könnten wir einen wichtigen Akzent setzen.
Klimabeschlüsse in Ingolstadt bleiben ohne Personal und ohne Investitionen – egal mit welcher Jahreszahl, ob 2030 oder 2050 – Makulatur. Der Stellenplan spart weiter beim Energiemanagement und wir zahlen doppelt: Energiekosten und CO2.
Klimaschutz kostet, kein Klimaschutz kostet mehr.
Unsere Klimaschutz-Initiativen aus den Stadtratsfraktionen verschwinden zudem erstmal in bürokratischen Prozessen der Nachhaltigkeitsagenda, die aktuell wie ein großes schwarzes Loch alles erstmal aufsaugt … und vielleicht nie wieder hergibt? (Farbähnlichkeiten sind hierbei ebenso zufällig wie passend).
Inzwischen hat Europa, der Kontinent, auf dem WIR leben, den KLIMANOTSTAND ausgerufen. Ingolstadt stellt nach 5 Jahren Klimareferat nicht einmal Personal zur Verfügung, um die unzähligen Fördermittel zum Klimaschutz und zur Anpassung an die klimarobuste Stadt „abzugreifen“, geschweige dann, dass wir einen Klimaschutzplan hätten.
Das Direktorium wird zwar jetzt personell verstärkt. Richtig so. Doch warum heißt diese Stelle „Nachhaltigkeit und Artenschutz“. Artenschutz ist jetzt Sache des Stadtdirektors? Nichts gegen unseren Stadtdirektor, er glaubt sicherlich täglich, er hat es mit jeder bunten Art aus Gottes großem Tiergarten zu tun. Doch es ist fachlich eine falsche Entscheidung, den Artenschutz aus dem Umweltreferat rauszunehmen, und es ist – Herr Oberbürgermeister – auch aus den falschen Gründen.
Nicht alle Probleme lassen sich technologisch lösen, wird der OB zitiert. Richtig, Nachhaltigkeit braucht AUCH unsere VERÄNDERUNG im Verhalten, beim Konsum oder bei der Wahl der Verkehrsmittel. Allerdings: Nur was wir als Stadt vor Ort investieren, kann im Alltag der Menschen als attraktives, klimaneutrales Angebot ankommen. Ohne gezielte Mehr-Investition kommt kein Bus zusätzlich, bleibt die Radvorrangroute auf der Strecke und die bioregionale Kartoffel kommt eben nicht besser vom Feld auf den Teller, wenn wir es nicht gezielt wollen und unterstützen.
Veränderung wird auch bedeuten, auf etwas zu verzichten, und dadurch neue Qualitäten zu finden. Ich verzichte heute – ganz bewusst – auf die Hälfte meiner Redezeit. Ich spare uns auf der Klima-Uhr damit nicht genug, dass es im nächsten heißen Sommer schon spürbar kühler wäre. Doch es symbolisiert, dass mein, unser ökologischer Fußabdruck doppelt so groß ist, wie er sein dürfte. Und gerade heute – es ist, so ist ja der Plan, meine letzte Haushaltsrede als GRÜNE Fraktionsvorsitzende – hätte man mir eine Überziehung sicher verziehen, sie vielleicht sogar erwartet. Die Versuchung war groß und es gäbe ja noch so einiges zu sagen – insbesondere nach Ihrer Haushaltsrede, Herr OB. Doch entweder nehmen wir die, für andere Menschen bereits katastrophale, Klimaveränderung ernst oder … ein ODER gibt’s für uns GRÜNE hier nicht.
Es ist Zeit für Veränderung und ich will hier im Stadtrat auch bewusst Lust auf Veränderung machen. Und ich will die Dringlichkeit unseres Appells für eine GRÜNE NULL in unserer KLIMA-Bilanz unterstreichen: REDEN hilft nicht. Es ist, wir hören noch einmal in die Klimakonferenz nach Madrid, es ist NICHT Zeit zu reden, es ist ZEIT zu HANDELN.
Der Stand auf der CO2-Klima-Uhr ist jetzt:
8 Jahre 25 Tage 22 Stunden und 7 Minuten weniger.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!
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