Die Veranstaltung von Amnesty International am 11. Februar 2019 zu „Frauen im Asyl“ hat viele der anwesenden Stadträte tief betroffen gemacht. Der Bericht der Vertreterin des Caritas-Zentrums Pfaffenhofen über die Situation im regelrecht von der Öffentlichkeit abgeschotteten Ankerzentrum auf dem Gelände der Max-Immelmann-Kaserne war erschütternd.
Die Fraktionen von SPD, Grünen, BGI, UDI und die Gruppe der ÖDP wollen diese Zustände nicht widerspruchslos hinnehmen. In einem gemeinsamen Antrag fordern sie, dass sich die Stadt an die Regierung von Oberbayern bzw. an die zuständigen Stellen wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wendet mit dem Ziel, im Ankerzentrum für menschenwürdige Zustände zu sorgen.
Hier der Gemeinschaftsantrag im Wortlaut:
Ingolstadt, 14.02.2019
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
bei der Veranstaltung von Amnesty International zum Thema „Frauen und Asyl“ sind wahrlich menschenunwürdige Zustände im hiesigen Ankerzentrum vor aller Öffentlichkeit sichtbar geworden. Die Vertreterin der Caritas sprach sogar davon, dass einzelne Bewohner durch die im Ankerzentrum herrschenden Zustände traumatisiert werden. Abhilfe zu schaffen ist dringend geboten.
Deshalb stellen wir folgenden
Antrag:
Die Stadt Ingolstadt wendet sich an die Regierung von Oberbayern bzw. zuständige Stellen wie das BAMF mit dem Ziel, im Ankerzentrum auf dem Gelände der Immelmann-Kaserne für menschenwürdige Zustände zu sorgen. Insbesondere sollen folgende Themen angesprochen werden:
- Reduzierung der Zahl der Bewohner um mindestens die Hälfte.
- Möglichkeiten zur Schaffung von Intimsphäre durch abschließbare Zimmer.
- Ehrenamtlichen Helfern muss der Zugang ermöglicht bzw. erleichtert werden.
- Den Bewohnern wird die Möglichkeit eingeräumt, selber zu kochen.
- Für Kinder wird eine Betreuung in Kitas geschaffen bzw. der Besuch von Regelschulen ermöglicht (Deutschunterricht ist hierbei ergänzend notwendig – dieser kann auch durch Ehrenamtliche erbracht werden).
- Der Zugang zu Sprachkursen wird erleichtert.
- Es werden geeignete Maßnahmen ergriffen, um die Verweildauer (bis zu drei Jahre) zu reduzieren.
- Den Bewohnern wird mehr Zeit für eine bessere Vorbereitung auf die Interviews im Rahmen des Asylverfahrens (z.B. durch die Beratung der Caritas) eingeräumt.
- Die Stadt bietet der Regierung zusätzliche dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten an.
- Der „Runde Tisch Asyl“ wird wiederbelebt und tagt in regelmäßigen Abständen.
Begründung:
Eine Vertreterin der Caritas schilderte mit eindringlichen Worten nicht nur, unter welchen Umständen die Menschen im Ankerzentrum leben, sondern auch, dass die Ziele eines möglichst schnellen Abschlusses der Asylverfahren und damit einer kurzen Verweildauer im Ankerzentrum verfehlt werden. Den Entscheidungen des BAMF mangele es häufig an der notwendigen Qualität, was langwierige Gerichtsverfahren nach sich ziehe. Es gebe Menschen, die befänden sich seit drei Jahren im Ankerzentrum. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer sei schon bei mehr als einem Jahr.
Mütter hätten nicht einmal die Möglichkeit, ohne größere Umstände Fläschchen für ihre Babys zu wärmen. Nachts würden manche Bewohnerinnen den Türgriff von innen mit Stühlen blockieren, um mehr Sicherheit zu bekommen. Von der Zubereitung eigener Speisen könne man nur träumen. Die Spielmöglichkeiten für Kinder reichten nicht aus. An Sprachkursen könnten vor allem viele Frauen aufgrund der Umstände nicht teilnehmen. Manche Bewohner würden schon kurz nach der Ankunft zum Interview eingeladen, ohne zuvor die Beratungsdienste der Caritas in Anspruch nehmen und sich somit darauf vorbereiten zu können. Besuche im Ankerzentrum seien nicht möglich. Ehrenamtlichen, Politikern oder der Presse würde der Zutritt verwehrt.
Ein Land, aus dem selbst schon einmal 500000 Menschen geflohen sind, um dem Morden zu entgehen, sollte einen anderen Umgang mit Flüchtlingen pflegen. 70 Jahre nach Inkrafttreten der Charta der Menschenrechte sollten wenigsten die darin enthaltenen Standards beachtet werden.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Achim Werner
Fraktionsvorsitzender SPD
gez. Petra Kleine
Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/DIE GRÜNEN
gez. Christian Lange
Fraktionsvorsitzender BGI
gez. Dr. Gerd Werding
Fraktionsvorsitzender UDI
gez. Raimund Köstler
Gruppensprecher ÖDP
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